Der Zufall schlägt zu – und trifft uns!

Uns, das Bioprofil der 11. Klassen am Johanneum, verschlug er nämlich für drei Tage an die Universität Lübeck, wo wir uns mit experimentellen und stochastischen Vorgängen beim Entstehen von Antibiotika-Resistenzen beschäftigten.IMG-20180921-WA0003

Multiresistente Keime – heutzutage ein Wort in aller Munde. Aber was macht diese Erreger eigentlich so fies, wie entstehen sie und warum werden sie jetzt plötzlich zum Problem?

Mit diesen Fragen begannen wir am Dienstagmorgen den Tag und nach einem kurzen Abstecher in die Psychologie und Wirkforschung (eine weitere Wissenschafts-Richtung, die in dem Projekt involviert ist), begannen wir auch gleich mit dem biologischen Teil des Projekts.

Im Rahmen der Auftaktveranstaltung führten wir mehrere Experimente mit Escherichia coli durch, einem Bakterium und „Haustier der Mikrobiologen“. Immer im Zusammenhang mit Antibiotika untersuchten wir, in welchen Konzentrationen die Bakterien leben können und wie sie sich im Laufe der Zeit entwickeln. Unser Vorwissen aus LoLa (Lübecker offenes Labor) kam uns sehr zugute, als wir zwei verschiedene E. coli-Stämme auf Resistenzen bei verschiedenen Antibiotika testeten, indem wir ein Antibiogramm erstellten – wie ein Arzt es auch tut, wenn er eine bakterielle Infektion untersucht.

Ansetzen der Antibiogramme

Ansetzen der Antibiogramme

In einem anderen Versuch maßen wir einen Tag lang die optische Dichte von E. coli in einem Flüssigmedium und zählten die Bakterien der Lösung unter dem Mikroskop, um aus beiden Werten ausrechnen zu können, wie viele Bakterien insgesamt darin steckten und wie das Wachstum der Kolonie verlaufen war. Hier kam dann die Mathematik ins Spiel.

Ansetzen einer Bakterienkultur

Ansetzen einer Bakterienkultur

Während der Mathe-Vorträge wurden nicht nur Themengebiete wie Statistik behandelt, die wir dann zum Auswerten und Vergleichen der Daten am Donnerstag nutzten. Die etwas theoretischeren Beweise griffen auch auf Vorwissen aus dem Gebiet der Analysis zurück, welches teilweise erst während der Einheiten aufgebaut wurde: Ableitungen, Annäherungen, Differentialgleichungen und schließlich die berühmte Zahl e, die wir jetzt auch kennengelernt haben.

Weil sie eher wie Univorlesungen gestaltet waren, war es für uns teilweise recht anspruchsvoll und ungewohnt, die Schritte nachzuvollziehen. Andererseits war es auch eine Herausforderung, einfach mal so weit mitzudenken wie möglich und tatsächlich die Beweise und Herleitungen hinter den Formeln, die wir normalerweise benutzen, zu verstehen.

Glücklicherweise wiederholten wir am Donnerstag noch einmal den doch recht komplexen Teil des exponentiellen Wachstums und die Lösung der Differentialgleichung, die die Geschwindigkeit des Wachstums bzw. die Änderungsrate beschreibt. So konnten wir alle aus dem Projekt neben den interessanten biologischen Experimenten auch noch einiges mathematisches Verständnis mitnehmen.

Wir mussten hier mit Herausforderungen ganz verschiedener Art umgehen: die chaotische Anreise am ersten Tag durch das labyrinthartige Unigelände mit verschiedensten Durchgängen, gesperrten Straßen und undurchsichtigen Baustellen zum Beispiel oder die Vorträge auf Uni-Art über Themen und Zahlen, die wir noch gar nicht gehabt hatten. Aber am Ende haben wir es gemeistert und insgesamt war es wirklich spannend zu sehen, wie die am Anfang parallel und unabhängig voneinander laufenden Bio- und Matheteile am Ende zusammengeführt wurden. So konnten wir uns einen Einblick verschaffen, wie auch Forscher fächerübergreifend zusammenarbeiten – und wie wichtig Mathematik für jegliche naturwissenschaftliche Tätigkeit ist. Traditionell gilt Biologie ja als die Naturwissenschaft, die am wenigsten mit Mathe zu tun hat – anders als Chemie mit Reaktionsgleichungen und Molberechnungen oder gar Physik mit allerlei Formeln und Berechnungen. Doch auch Biologie hängt eng mit Mathematik zusammen – selbst wenn man das an der Schule vielleicht nicht immer so erfährt.

Diese drei Tage an der Uni waren die Auftaktveranstaltung zu einem Projekt, das in Kooperation zwischen der Universität Lübeck (speziell LIMa (Lübecker Initiative Mathematik) und LoLa) und dem Johanneum stattfindet. Das Projekt „Der Zufall schlägt zu – experimenteller und stochastischer Zugang zur Entstehung von Antibiotika-Resistenzen“ läuft ein ganzes Semester lang parallel zum Biologie- und Matheunterricht.

In folgenden Projekttagen werden wir uns dann tatsächlich mit der Wahrscheinlichkeit auseinandersetzen, dass Bakterien Antibiotika-Resistenzen entwickeln. Hierbei mussten wir allerdings im Rahmen unserer Experimente bereits feststellen, dass dies viel schneller gehen kann, als man vielleicht denkt (und hofft).

Photometrische Messung

Photometrische Messung

Herzlichen Dank an alle Mitarbeiter von LoLa (unter der Leitung von Dr. Bärbel Kunze) und LIMa (unter der Leitung von Prof. Dr. Karsten Keller) und alle weiteren Mitarbeiter der Universität, die dieses Projekt durchführen, begleiten und betreuen. Es hat uns viel Spaß gemacht und wir sind sehr gespannt, wie das Projekt weiter verlaufen wird!

Text: Svenja Benkert, Q1b

Fotos: Lola

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Dieses Projekt wird aus dem Perlenfonds der Joachim Herz Stiftung gefördert.