Accelerating Science

Antimaterie, Teilchen ohne Masse, aufwärts fließende Flüssigkeiten, Beschleunigung bis auf annähernde Lichtgeschwindigkeit – all das ist längst keine Science-Fiction mehr, sondern wissenschaftliche Realität am Europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf in der Schweiz.

Kernforschung – das ist die Wissenschaft, die versucht herauszufinden, was im Kern der Materie liegt. Am CERN werden dafür mikroskopisch kleine Teilchen – meistens Protonen – in gigantischen Teilchenbeschleunigern beschleunigt und aufeinander geschossen. Der größte Beschleunigerring, der LHC (Large Hadron Collider), liegt in einem 27 Kilometer langen Ring hundert Meter unter der Erdoberfläche. An vier verschiedenen Punkten des Ringes kollidieren jede Sekunde etwa eine Milliarde Protonen mit anderen Protonen. Diese Kollisionen werden von Detektoren aufgezeichnet, damit man sie untersuchen und Rückschlüsse auf die Beschaffenheit der Materie ziehen kann.

Steht man in einer der unterirdischen Hallen vor einem solchen Detektor, fühlt man sich wie ein Zwerg: Der größte Detektor ATLAS (A Toroidal LHC Apparatus) ist über 20 Meter hoch, 45 Meter lang und wiegt 7000 Tonnen. In zwiebelartigen Schichten sind Detektoren für verschiedene Teilchensorten um den Kollisionspunkt angeordnet.

Aber die Detektoren sind nur das Eine, was das CERN ausmacht. „Wissenschaft für Frieden“ ist das Motto des CERNs, das mit Wissenschaftlern aus über 100 Ländern seinen Teil zur internationalen Völkerverständigung leistet.

Mittags in der Kantine wird klar, wie diese Kommunikation an einer riesigen, internationalen Forschungsorganisation funktioniert: Das gesamte Restaurant ist gefüllt mit Menschen, die Englisch, Französisch, Deutsch sprechen – oder auch andere Sprachen, von denen man nicht einmal weiß, woher sie stammen. Aber das Herkunftsland ist eigentlich auch völlig irrelevant, denn es geht ja um Forschung, um Wissensvermehrung; und zwar gemeinsam. Auch von diesem Zusammensein kann man an diesen Mittagen etwas erahnen, wenn man aus allen Richtungen Gesprächsfetzen über Elektronikteile, Magnettests oder die Vorteile verschiedener Programmiersprachen in drei unterschiedlichen Sprachen auffängt, alles kleine Einzelteile von einer großen Idee.

Als zusätzliche internationale Unterstützung durfte ich gemeinsam mit 23 anderen deutschen Schülerinnen und Schülern diesen Mai ein Praktikum am CERN machen. 14 Tage lang konnten wir im Rahmen des High School Student Internship Programmes staunen, lernen und nachfragen: Umgeben von Wissenschaftlern war die Gelegenheit ideal, hinter die Sachen zu gehen, die man im Physikunterricht lernt, zu fragen: warum eigentlich? Beispielsweise dass alle Objekte eine Masse (und deshalb ein Gewicht auf der Erde) haben, ist für uns im Alltag völlig selbstverständlich. Aber woher diese Masse überhaupt kommt, war jahrelang der letzte große unbewiesene Teil der Teilchenphysik (wie wir sie verstehen), der 2012 mit der Entdeckung des Higgs-Bosons am CERN beantwortet werden konnte.

Das Kennenlernen der Beschleuniger am CERN, einen Einblick in die Physik und nicht zuletzt die Projektarbeit in Zweiergruppen haben diese zwei Wochen für mich zu den vermutlich besten meines Lebens gemacht und ich möchte mich ganz herzlich bei den Mitarbeitern des CERNs, der DPG und meinem Betreuer Hannes Pahl für die einmalige Erfahrung bedanken! Jedem naturwissenschaftlich Interessierten kann ich einen Besuch am CERN nur wärmstens ans Herz legen – diese Organisation ist weltweit einmalig und inspiriert einen, selbst auch den Dingen auf den Grund zu gehen!

Svenja Benkert, Q2b