Wüstenblume

„Auf dem Weg des Lebens – sei es in tobenden Stürmen, im wärmenden Sonnenschein oder mitten im Auge eines Zyklons – hängt es allein vom Willen ab, ob man überlebt oder nicht.“ Dieser erste Satz der Autobiografie „Wüstenblume“ von Waris Dirie beschreibt in wenigen Worten das Lebensmotto der Autorin. Das Buch erzählt die Geschichte eines Mädchens, das von einer somalischen Nomadin zu einem weltberühmten Modell wurde.

Mit ihren Geschwistern barfuß durch die Wüste laufen, Tiere hüten und nach etwas zu Essen suchen. All dies ist für das Mädchen Waris Dirie ganz normal. Bis es zu einem einschneidende Erlebnis kommt: Sie wird beschnitten oder besser gesagt genital verstümmelt. Wie die meisten anderen Mädchen in Somalia gehört dieses auf Tradition begründete Ritual zum Erwachsenwerden einer Frau. Aber der Weg von Waris verläuft anders als bei den Nomaden üblich. Als sie mit 13 mit einen alten Mann heiraten soll, läuft sie von ihrer Familie weg und schlägt sich alleine bis in die somalische Hauptstadt durch. Dort kommt sie bei Verwandten unter und gelangt schließlich als Dienstmädchen nach von Somalia nach England. Die junge Frau muss sich selbstständig ein eigenes Leben aufbauen in einem Land, das sie kaum kennt und in einer Sprache, die sie weder verstehen noch sprechen kann.

Eines Tages wird Waris von einer Modelagentur entdeckt und angesprochen und bekommt erste Aufträge. Sie reist durch die ganze Welt und schafft es als eines der ersten schwarzen Models nach ganz oben. Doch auch als Waris ein weltberühmten Model ist, hat sie immer noch mit den gesundheitlichen Folgen ihrer Beschneidung, der Trennung von ihrer Familie und mit Rassismus zu kämpfen.

Die Autorin Waris Dirie schreibt in einem sehr sachlichen Schreibstil, der ihre traumatisierende Erlebnisse schon fast unrealistisch erscheinen lässt. Doch trotzdem lässt sie die Lesenden auch an ihren Gedanken, Erinnerungen und Wünschen teilhaben. Es wird deutlich, wie schwer es eine junge schwarze Frau hat sich durchzuschlagen und wie wertvoll Freunde im Leben sind.

Waris ist sehr willensstark. Sowohl als kleines Kind als auch als Frau später alleine in der Welt weiß sie genau, was sie will und verfolgt ihre Ziele. Sie lässt sich nicht unterkriegen von Rückschlägen und schaut nach vorne. Ihr Wille, sich eigenes Leben nach ihren Vorstellungen aufzubauen, wird immer wieder sehr deutlich. Und auch der Mut ist bewundernswert, mit der sie schließlich die Geschichte von ihrer Genitalverstümmelung erzählt und sich für all die weiteren Mädchen stark macht, die darunter leiden müssen und auch in Zukunft leiden werden. Waris Dirie ruft alle eindringlich auf, sich gegen diese grausame Tradition stark zu machen.

Das Buch „Wüstenblume“ lässt uns in eine unbekannte Welt eintauchen und lädt uns in die Gedanken einer jungen unabhängigen Frau ein. Die Autorin zeichnet in einer besonderen Weise das Bild einer Frau, die sich einen Weg durch die harte Realität des Lebens bahnt und sich dabei selbst immer treu bleibt.

Ich kann das Buch auf jeden Fall nur empfehlen, denn es regt sehr zum Nachdenken an und lässt einem auch immer wieder bewusst werden, wie privilegiert wir hier in Deutschland sind. Das Buch lässt sich gut lesen und zieht einen in seinen Bann. Geeignet ist es etwa für Jugendliche ab 12 Jahren.

Annika Fehring, Eb