Life statt Likes

Was ist eine Sucht? Was passiert, wenn man süchtig ist? Wie findet man heraus, ob man süchtig ist? Was kann man tun, um aus einer Sucht herauszukommen oder um erst gar nicht in eine zu geraten?

All diese Fragen versuchten wir Pat:innen in den sogenannten NET-Piloten Workshops am Beispiel der Mediensucht mit den fünften Klassen zu beantworten.

Ende des letzten Schuljahres absolvierten wir (damals 8-Klässler) eine fünftägige Ausbildung, deren Inhalte wir nun in verkürzter Form den Fünftklässler:innen vermittelten. Die Workshops waren auf zwei Tage aufgeteilt, in denen wir jeweils zwei Unterrichtsstunden in den Klassen zu Besuch waren. Jede Gruppe von Paten konnte sich selbst aussuchen, wie und was genau vermittelt werden soll.

Wir starteten in der 5d am 6. Februar in den ersten beiden Stunden mit ein paar allgemeinen Fragen rund um das Thema Handys: Wer von euch hat denn schon ein Handy? Wer spielt mindestens einmal in der Woche ein Videospiel? – und noch viele weitere. Anschließend schauten wir einen Film, der zwei Jugendliche zeigte, die offensichtlich schon mitten in einer Sucht stecken. Der Junge spielt jeden Tag bis tief in die Nacht Videospiele und vergisst teilweise sogar etwas zu essen. Das Mädchen dagegen verbringt Stunden auf Social Media und es ist ihr mittlerweile schon wichtiger, wie viele Likes ihr letzter Post hat, als etwas mit ihrer Freundin zu machen. Beide schwänzen dafür sogar teilweise Unterricht in der Schule, was ihrem Umfeld auf Dauer natürlich auffällt.

Die Kinder sollten reflektieren, wie man in eine solche Situation geraten kann, ob sie selber bereits in einer solchen Situation waren oder jemand anderen in einer solchen Situation erlebt haben und wie man den beiden vielleicht helfen könnte. Wir waren beeindruckt, wie viel die Kinder bereits an Vorwissen hatten und welch interessante Geschichten sie uns erzählten.

Anschließend beschäftigten wir uns genauer mit der Frage ,,Wie kommt es dazu?‘‘. Dazu erstellten wir die sogenannte ,,Suchttreppe‘‘. Es beginnt mit dem Ausprobieren. Man lädt sich zum Beispiel eine App herunter und probiert diese aus. Weiter geht es mit dem Genuss: Man findet Gefallen an der App und beginnt mehr damit machen zu wollen. Anschließend kommt die Stufe, auf der es langsam gefährlich werden kann. Die Gewohnheit: Man öffnet diese App zum Beispiel jeden Morgen nach dem Aufwachen oder sobald man aus der Schule kommt. Nun kann man in den Missbrauch gelangen: Man benutzt die App, um sich besser zu fühlen, um Gefühle zu unterdrücken oder sogar als Ersatz für Freunde und Hobbys. Zum letzten Schritt – der Sucht – ist es nun nicht mehr weit: Auf dieser Stufe vernachlässigt man seine eigenen Bedürfnisse, wie Hunger oder Schlaf für die App (oder ein anderes Medium). Diese Stufe ist höchst bedrohlich. Ab hier gilt man als süchtig. Um es besser zu verstehen, schauten wir uns Beispiele an und diskutierten gemeinsam, auf welcher der Stufen die beschriebene Person sich befindet. Zum Abschluss der ersten Doppelstunde beantworteten wir noch letzte Fragen und baten um Feedback, welches sehr positiv ausfiel.

Am nächsten Tag ging es auch schon weiter. Los ging es mit einem kleinen Warm-Up, dem sogenannten ,,Medienbingo‘‘. Es ist aufgebaut wie ein normales Bingofeld, jedoch muss man Personen finden, auf die die Aussagen in den Kästchen zutreffen. Die Aussagen waren zum Beispiel: ,,Ich schaue gerne die Tagesschau‘‘, ,,Ich besitze keinen Fernseher‘‘ oder ,,Ich habe schon einmal eine CD gehört‘‘.

Im Anschluss machten wir eine kurze Wiederholung von dem, was wir am Vortag bereits besprochen hatten und wollten dann herausfinden, auf welcher Stufe der Suchttreppe wir uns eigentlich  befinden. Dafür machten wir einen Selbsttest auf www.ins-netz-gehen.de . Zum Glück fielen die Ergebnisse sehr gut aus.

Nun wollten wir uns anschauen, wie man aus einer Sucht wieder herauskommen kann. Dazu teilten wir Gruppen ein, die sich gemeinsam Dinge überlegten, die einen vor einer Sucht schützen können. Gemeinsam sammelten wir diese Dinge und bildeten so an der Tafel eine Art Schutzmauer, eine Firewall sozusagen. Dort standen dann sagen wie Familie, Hobbys, Auszeit, Freunde, Musik hören/ spielen, Kochen, Backen, Sport, Malen/ Zeichnen und Haustiere. Zum Abschluss des Workshops machten wir ein kleines Quiz rund um das Thema Internet. Wir bekamen erneut tolles Feedback.

Ich glaube, die Kinder haben sehr viel davon mitgenommen. Ein Problem zu erkennen, ist der erste Schritt, um es zu lösen. Die Menge an Lösungsstrategien und Geschichten, die wir in den letzten Tagen gehört haben, haben uns gezeigt, wie wichtig diese Art von Aufklärung ist, aber auch wie gut die Kinder bereits sensibilisiert sind. Schön, dass es solche Projekte an unserer Schule gibt.

Falls Du an einer Sucht leidest (egal welcher Art), suche Dir professionelle Hilfe und sprich mit Menschen, denen Du vertraust. Es ist nichts wofür man sich schämen sollte. Tu es für Dich und die Menschen, die Dich lieben <3

Betty Hofer von Lobenstein, 9b

Fotos: Christina Cuhta, 9b