Die Würde hinter Vorurteilen – Los lustracalzados en Bolivia

Unser Spanischkurs aus der Q1 durfte in einer Videokonferenz an einem Workshop der Organisation „VAMOS JUNTOS“ teilnehmen. Die Mitarbeiter:innen, Freiwilligen und Praktikant:innen leisten in den Straßen Boliviens und der Hauptstadt La Paz und El Alto soziale Arbeit für die dort extrem stark diskriminierten und benachteiligten Schuhputzer:innen, die sogenannten „Lustracalzados“.

Sie halten stetigen engen Kontakt zu den Schuhputzer:innen und deren Familien, bauen Vertrauen auf, beraten und unterstützen sie. Das tun sie auf verschiedenste Art und Weise: Die finanzielle Hilfe ist hier natürlich zentral, genauer ermöglicht man den Schuhputzer:innen und den Angehörigen medizinische Versorgung und Bildung oder Ausbildung und sichert ihre Grundbedürfnisse. Außerdem arbeitet VAMOS JUNTOS gegen die Diskriminierung und die soziale Ungerechtigkeit gegenüber den Lustracalzados in La Paz und hilft ihnen, ihr Selbstwertgefühl zu stärken und ihnen eine größere Eigenorganisation zu verschaffen.

Da die Organisation zu einem Großteil aus Freiwilligen und Praktikant:innen besteht, ist stets Platz für weitere Unterstützer. Nach dem Abschluss der Schule habt zum Beispiel auch ihr die Möglichkeit, für ungefähr zwei Monate in Bolivien mit VAMOS JUNTOS und den Schuhputzer:innen zusammenzuarbeiten. Auch ein freiwilliges soziales Jahr ist bei ihnen möglich, während welchem beispielsweise die oben genannte Streetwork ein Schwerpunkt ist, oder ihr macht einfach ein Praktikum. Ansonsten gibt es die Option, als Gastfamilie für bolivianische Freiwillige zu agieren, denn durch VAMOS JUNTOS werden zwischen Bolivien und Deutschland diese angebotenen Austausche ins Leben gerufen – von Deutschland nach Bolivien und von Bolivien nach Deutschland. Übrigens arbeiten auch hier in Deutschland eine Reihe von ehemaligen Freiwilligen, die sich hier vor Ort für die Kommunikation und den Austausch zwischen beispielsweise Schüler:innen und und den Lustracalzados von VAMOS JUNTOS einsetzen.

Unser Gespräch fand nach einer intensiven Planung statt:

Unsere Gesichter erschienen nacheinander als wackliges Bild, die ersten Worte erreichten uns. Luis, ein Schuhputzer, welcher in der Stadt La Paz in Bolivien arbeitet, präsentierte uns hinter der Kamera sein Leben sowie seine Realität. Wie nimmt er seine Arbeit als Schuhputzer wahr? Wie reagieren die Menschen, welchen er begegnet? Wie wird innerhalb der Familie über dieses Thema gesprochen? Diese Fragen, welche wir im Rahmen der vergangenen Stunden vorbereiten konnten, durften wir ihm im Laufe der Unterhaltung stellen.

Wir haben uns dafür interessiert, wie das Leben als Schuhputzer tagtäglich ausschaut:

Er muss in den frühen Stunden des Morgens aufstehen, um das Frühstück für seine Familie zuzubereiten. Später bewältigt er den Weg in die Stadt La Paz, um dort seine Arbeit zu beginnen. Im Gegensatz zu mehreren Menschen, welche als Schuhputzer:innen tätig sind, lehnt er das Tragen einer „pasamontaña“ ab. Diese Form der Maske versteckt das Gesicht der Menschen, damit Familienmitglieder, Nachbarn, Freunde oder Bekannte diese Person nicht erkennen können.

Einige Schuhputzer:innen nehmen diese Möglichkeit als hilfreich wahr, da sie niemals erkannt werden wollen. Luis dagegen unterstrich, dass er seine Arbeit nicht verstecken würde, nicht vor seiner Familie, nicht vor seinen ehemaligen Freunden, nicht vor den Fremden, welchen er in den Winkeln der Straßen begegnet. Die Menschen, welche ihn sehen, reagieren auf unterschiedlichste Art und Weise. Einige begegnen ihn mit einem Lächeln und sprechen gerne mit ihm sowie mit weiteren Menschen, welche dort gemeinsam arbeiten. Andere Menschen bemerken ihn kaum, wollen ihn nicht erkennen.

Er empfindet diese Arbeit als würdevoll, als lebenswert sowie als angemessen. Diese Aussage prägte unsere Unterhaltung. Abschließend präsentierte er sein Material, welches er benötigt, um seine Arbeit als Schuhputzer zu vollbringen. Diese lebensnahe Präsentation ermöglichte es uns, seinen privaten Alltag auf eine verständliche Art und Weise nachvollziehen zu können.

Allgemein lässt sich festhalten, dass es sich um eine Veranstaltung handelte, welche es uns ermöglichte, unsere Fragen in einem familiären, offenen sowie ehrlichen Rahmen zu präsentieren. Die Tatsache, dass jegliche Fragen angenommen wurden, führte dazu, dass eine intensive Gesprächsatmosphäre entstehen konnte. Wir wollen uns sehr bei den Menschen bedanken, welche solch eine Veranstaltung organisieren konnten. ¡Muchas gracias!

Clara Ebel und Sophia Balke, Q1