Play it again, Hartmut!

Wann ist ein Lehrerleben wirklich erfüllt? In jedem Fall, wenn unzählige ehemalige Schüler:innen zusammenkommen, um zu zeigen und zu feiern, was sie von ihrem Lehrer gelernt haben! So wurde Hartmut Jung mit einem rauschenden Jazz-Fest verabschiedet! Neben John Brosius und Johannes Röß hat auch er morgen seinen letzten Schultag.
John Brosius und Johannes Röß danken wir herzlich für die freundliche und hilfreiche Zusammenarbeit im Kollegium und ihren guten Unterricht und wünschen beiden sehr, dass sie ihre Arbeit weiterhin als gewinnbringend erleben können!
Mit Hartmut Jung verlässt eine Instanz das Johanneum, die die Schule über Jahrzehnte geprägt hat. Helke Linowitzki, die den größten Teil davon mit ihm zusammengearbeitet hat, schildert:
- ein interessanter, angenehmer, humorvoller Kollege mit speziellem Witz
- auch durchaus „oldschool“ (Unterrichtsvorbereitungen handschriftlich in Din-A5 Heften, langer Nutzer der guten alten Kassette)
- auch gern mal zerstreut oder so mit seinen Dingen beschäftigt, dass er sich schwer tut zuzuhören
- ordnungsliebend und einsatzbereit in der Fachschaft, bzw. der Musiketage im Refektorium
- dann gemütlich, entspannt und ein sehr guter Gesprächspartner, wenn er abends nach getaner Arbeit vor dem Haus sitzend seine Pfeife rauchte (für mich unvergessen verbunden mit Noer!)
- hatte immer eine hohe Wertschätzung für die Schüler:nnen, kannte sie und versuchte, sie zu fördern im Unterricht wie auch in den Bands und setzte sich für manch eine:n in den Konferenzen ein
- zeigte eine stoische Geduld in der Arbeit mit den vielen (gern lauten) Blas- und Percussion-Instrumenten in den Ensembles oder auch beim Musizieren im Klassenverband, um irgendwann zu richtigen Rhythmen und guter Intonation zu kommen (seine Ohren haben in all den Jahren einiges mitmachen müssen!)
- pflegte einen recht großzügigen, vertrauensvollen Umgang mit den Schüler:innen, „ließ ihnen Luft
- hatte Spaß an einem eigenen „Sprech“ mit den Oberstufenschüler:nnen und BB-Mitgliedern, bestimmte Insider-Sprüche schallten gern und oft durch den Flur des Refektoriums
- hatte eine Aversion gegen jedwede Form des Flohwalzers und den Anfang von „Für Elise“. Solches Geklimper auf den Klavieren brachte ihn auf die Palme, wohingegen der Tristan-Akkord, wenn man ihn hörte auf der Etage, ein sicheres Signal für die Anwesenheit von Hartmut Jung, bzw. einem SekII-Kurs war
- war/ist ein sehr guter Jazz-Pianist und auch Klarinettist
- prägte die gesamte Bläserarbeit am Johanneum (Concert Band etc)
- leitete die Bigband 30 Jahre und prägte sie mit seinen Programmen, seiner musikalischen Arbeit, seinem Hintergrundwissen
- gestaltete auch etliche Musiktheater der verschiedensten Ausprägungen mit (z.B. mit Gudrun Keunecke oder auch „Time Walk“ im Millennium-Jahr mit mir)
- fachwissenschaftlich vor allem ein Kenner der Musik des 19. Jhs., der Musik und Person Richard Wagner, des Jazz, der afroamerikanischen Musik (hier speziell mit den politischen Dimensionen und Hintergründen), um nur ein paar Gebiete zu nennen
- und ein Liebhaber der Oper, regelmäßig nutzte er das Angebot des Lübecker Theaters mit den Klassen und Kursen
Helke Linowitzki
Und was sagt Hartmut Jung selbst rückblickend? Emma Rostalski, 9e, hat für die Presse-AG mit ihm gesprochen:
Wie lang waren Sie Lehrer am Johanneum?
Ich war 30 Jahre Lehrer am Johanneum, von 1995 bis jetzt, und als Referendar war ich 1987 ein Jahr hier.
An welchen Moment erinnern Sie sich am liebsten zurück?
Ja, da gibt es viele, mit der Concertband und mit der Bigband. Ein Moment, der mir besonders in sehr schöner Erinnerung geblieben ist, war ein Auftritt in der MuK. Wir haben ja immer die Willy Brandt-Rede gestaltet für das Willy Brandt-Haus und da hat der Bundespräsident geredet in der MuK, das war also sehr großer Bahnhof, und danach war noch ein Empfang. Da konnten wir ein Foto mit dem Bundespräsidenten machen, ich konnte mit ihm sprechen und dann sind wir durch das Foyer der MuK gegangen, um uns ein Getränk zu holen und dann haben die Leute, die da standen, aufgehört zu essen und zu trinken und haben sich umgedreht, um uns zu applaudieren. So etwas habe ich auch nie wieder erlebt, so etwas Erhebendes. Der Manager vom Willy Brandt-Haus sagte mir dann später noch, die Rede vom Bundespräsidenten, die war ja ganz schön, aber die eigentliche Attraktion, das waren Sie mit Ihrer Bigband. Ja, das ging mir runter, wie goldener Honig.
Was war Ihre größte Herausforderung?
Also, wenn ich so die Jahre zurückdenke, dann war es vor allem bei der Bigband, aber auch bei der Concertband, den Laden immer zusammenzuhalten und immer eine spielfähige Gruppe zu haben. Das ist in der letzten Zeit auch immer schwieriger geworden, weil die Schüler immer mehr machen, weil es mehr Aktivitäten gibt. Das sind alles Konkurrenzgeschichten, die das Ganze eben schwieriger machen.
Was ist Ihre Lieblingsschülerausrede?
Termin beim Kieferorthopäden!
Was werden Sie vermissen?
Na euch! Den Kontakt zu Schülern und Schülerinnen auf jeden Fall.
Womit werden Sie Ihre freie Zeit in Zukunft verbringen?
Ich werde mehr Musik machen. Ich habe ja sowieso schon eine Privatband, in der ich Musik mache und jetzt werde ich noch in einer zweiten Band spielen. Dann könnte ich mir auch vorstellen, an irgendeiner kleinen Musikschule oder einer anderen Schule eine Band hochzuziehen. Wozu ich noch Lust habe, ist Musik mit Schülern zu machen, weniger Lust hätte ich jetzt noch Tests zu schreiben. Außerdem bin ich seit zwei Jahren im Kiwanis Club, der setzt sich auch für Jugendliche ein. Da werde ich mich jetzt auch stärker engagieren.
Welche drei Wörter beschreiben Ihre Zeit am Johanneum am besten?
War ne schöne Zeit! Oh, das sind vier.
Gibt es noch etwas, das Sie sagen wollen?
Ich komme ja aus einer alten Bergarbeiter- und Musikerfamilie, deshalb möchte ich mit dem Gruß der Bergarbeiter für das Johanneum abschließen: Johanneum, Glück auf!
Fotos: André Feller und Inken Christiansen