Extremislos – Vom Rechtextremisten zum Aufklärer

Passe ich in das Bild eines Rechtsextremisten? Sehe ich aus wie ein Neo-Nazi? Mit diesem Fragen hat Philip Schlaffer vom Verein „extremislos“ den Workshop in unserer Klasse begonnen.

Nach einem kurzen Zögern antwortet die Klasse 9d mit „Ja“. Philip Schlaffer, ehemaliger Rechtsextremer, Rocker und Neo-Nazi hat am vergangenen Freitag mit uns über seine Vergangenheit als Krimineller gesprochen – und diese hatte es in sich. Nach einer kurzen Besprechung, was es bedeutet, ein „Nazi“ zu sein, fing er an zu erzählen.

Mit nur 15 Jahren schloss er sich, nach dem Umzug nach Newcastle und daraufhin wieder zurück nach Lübeck, einer rechtsextremen Gruppe an und war zu dieser Zeit fast täglich gewalttätig. Da er durch die beidem Umzüge seine Freunde verloren hatte, war er wütend auf seine Eltern, sodass diese zu seinem ersten Feindbild wurden. Er fühlte sich von den Mitgliedern der rechtsextremen Gruppe verstanden und verlor dabei das Gefühl von Einsamkeit, das ihn vorher ständig begleitet hatte. Er zeigte uns ein Video, auf dem man sah, wie er auf einer Demonstration Linksextreme angriff, und sagte, heute fände er es schlimm und schäme sich für die Taten, die er begangen hatte.

Wir Schüler haben ihn anfangs gar nicht erkannt, da er seitdem auch äußerlich eine große Veränderung durchgemacht hatte.

Nachdem er uns erzählt hatte, dass ehemalige Freunde von ihm einen Menschen getötet hatten, wurde uns Schülern in der Klasse mulmig zu Mute. Außerdem wurde er von seinen eigenen Freunden in der Nacht angegriffen. Es folgte eine Schießerei, wozu er nur immer wieder sagte, das Leben sei kein „Walt Disney-Film“. Sein Leben, das Macht und Ruhm geprägt hatten und ihm am Anfang wie ein Traum vorgekommen war, entwickelte sich mit der Zeit zum Albtraum.

Nachdem Schlaffer es geschafft hatte, sich von seiner ehemaligen Neo-Nazi-Gruppe aufgrund des Mordes an einem Menschen zu trennen, wurde er Mitglied und kurz darauf Präsident eines „Rocker“ Clubs, in dem er unter anderem mit Drogen dealte.

An dem Tag, an dem dieser Club verboten wurde, beschloss er, sein Leben umzustellen. Er wollte nicht mehr monatliche Hausdurchsuchungen ertragen oder immer unter Verdacht stehen, etwas Illegales getan zu haben. Nachdem er nach 2 ½ Jahren aus dem Gefängnis freikam, schaffte er es dann auch tatsächlich: Er änderte in kurzer Zeit sein gesamtes Leben, jetzt ist er Antigewalttrainer und Aufklärer.

Seine Geschichte hat uns alle sehr mitgenommen und jeder hatte nach dieser Stunde etwas zum Nachdenken. Obwohl wir wussten, dass sie real war, war es schwer, sich vorzustellen, was dieser Mensch schon alles miterlebt hat, wie schwierig ein Leben sein kann.

Wir konnten alle viel von diesem Workshop und aus Philips Fehlern lernen und werden nicht die gleichen machen. Das Ziel des Workshops und somit auch Philips Ziel ist es, Jugendlichen zu zeigen, dass es anders geht, sie davon abzuhalten, den gleichen Weg wie er damals einzuschlagen. Und im Endeffekt ist das Leben doch ein „Walt Disney-Film“, denn seine Geschichte hat mit einem Happy Ending geendet.

Vielen Dank an Philip, dass er in unsere Klasse gekommen ist und so offen mit uns geredet hat, und an den Förderverein für die Unterstützung dieses Workshops.

Frieda Medlin, 9d