Heinrich, ich slam für Dich!

Gretchen aus Goethes „Faust“ ist allen Schüler:innen der Q1 und Q2 vertraut. Aktuell vorstellbaren Charakter gewinnt die Figur in  einfühlsamen, kunstvollen und interessanten Slams, die der Kurs von Frau Sandkühler-Jensen verfasst hat. Nicht nur für das Abi lesenswert!

Gretchen Slam von Martha Lorenzen

Ich, brav,

Tag für Tag

Der Gang zum Kirchengang,

Blick gesenkt.

Denn jeder kennt

Mich als das Mädchen, das zu fromm ist, um gekannt werden zu wollen.

Ich definiere mich über meine Definitionslosigkeit.

Denn eine Frau soll sich nicht definieren,

Sondern definitiv den Blick gesenkt halten,

Niemals einen Mann ansehen,

Niemals einen Mann begehren,

Niemals nach mehr begehren, niemals nach mehr als dem bisschen Haushalt streben.

Eine Frau soll sich nicht definieren,

Sondern definitiv den Blick gesenkt halten,

Und weil ich das so soll, mache ich das,

Denn das sind die Regeln und Regeln sind in der Regel gut für mich, meint Mama.

Nein, Regeln sind allzeit gut für mich, meint Mama.

Und ich bin gut darin, Regeln zu folgen.

Stolz auf nichts zu sein, ist das, worauf ich stolz bin.

Denn ich bin gut darin, Regeln zu folgen

So wie dem Weg zur Kirche,

Blick gesenkt.

Denn jeder kennt

Mich als das Mädchen, das zu fromm ist, um gekannt werden zu wollen.

 

Und eines Abends sagte meine Mutter zu mir,

Als sie sich sittlich auf meine Bettkannte setzte:

Bald ist es dunkel, bald ist es Nacht

Da ist ein Wort der Warnung angebracht:

Männer sind Schweine,

Traue ihnen nicht mein Kind!

Sie wollen alle nur das Eine,

Weil Männer nun mal so sind.

Und ich dachte: Stimmt!

Männer sind Schweine und darum wird keines

Zwischen meine Lenden kommen,

Ehemann natürlich ausgenommen.

Und dann kam er und sagte schmeichelnd, Liebe, nicht heuchelnd

„Hallo mein Schatz, ich liebe dich

Du bist die einzige für mich.

Die andern find ich alle doof

Deswegen mach ich dir den Hof.“

Und ich dachte: Awwww

Meine innere Ruhe weggeblasen vom Sturm

Du bist kein Schwein, denn du bist kein Mann

Du bist göttlich, ein Gott, mein Gott

Komm näher, nur ein bisschen,

Komm so nah,

Komm zwischen meine Lenden.

Du kommst in mir

Und ich bekomme die Schuld.

 

Ich falle

I have been falling in love

Ich falle

I have been falling for you

Ich falle

I have been foold by you

Ich falle

Denn ich bin schuld an allem

Denn ich bin auf dich reingefallen

Doch du legtest mich nur rein, weil du dachtest es zu können

So wurd´ ich schuldig, selbst in meiner Unschuld

So bin ich schuld an allem

Ich falle

Mutter in Schlaf gefallen

Mutter tot

Mutter in Tod gefallen

Ich falle

Bruder ins Herz geschlossen

Bruder ins Herz gestochen

Bruder, verzeih mir meinen Sündenfall

Ich falle

Kind unter dem Herzen

Doch mein Herz ist schwarz, nicht mehr rein

Das Kind also auch nicht

Es muss auch in den Tod fallen

Ich falle

 

Ich falle in Ohnmacht.

 

Montagabend. Von Phillip Gutberlet

In einem kleinen Theater wird die Premiere von Goethes Klassiker „Faust“ vorbereitet. Letzte Feinschliffe sollen gemacht werden und Fragen zu den Rollen und Texten geklärt, um den Schauspieler*innen zu helfen, schneller in ihre Rollen schlüpfen zu können.

Regisseur: So, wir werden dann weitergehen zur Szene „Dom“. Ich hoffe hier werden wir uns nicht wieder bei Kleinigkeiten aufhalten.

Bitte alle auf ihre Plätze.
Der Chor muss noch ein bisschen zusammenrücken bitte….

Chor rückt sehr dicht zusammen

Aber das soll jetzt auch keine Kuschelszene werden! Ihr müsst bedrohlich wirken. Gretchen wird hier gerade klar gemacht, was ihr droht, nachdem sie mit Faust zusammen war!
Konrad, stell dich da hinter Luise und dann mal los! Wir haben eh schon Zeit verloren.

Amt, Orgel und Gesang. Gretchen unter vielem Volke. Böser Geist hinter Gretchen.

BÖSER GEIST:

Wie anders, Gretchen, war dir’s, Als du noch voll Unschuld
Hier zum Altar tratst
Aus dem vergriffnen Büchelchen Gebete lalltest,

Halb Kinderspiele,
Halb Gott im Herzen!
Gretchen!
Wo steht dein Kopf?
In deinem Herzen
Welche Missetat?
Betst du für deiner Mutter Seele, die
Durch dich zur langen, langen Pein hinüberschlief? Auf deiner Schwelle wessen Blut?
– Und unter deinem Herzen
Regt sich’s nicht quillend schon
Und ängstet dich und sich
Mit ahnungsvoller Gegenwart?

GRETCHEN:

Weh! Weh!

Konrad: (unterbricht) Jetzt mal ernsthaft, versucht dieser Geist ihr gerade ein schlechtes Gewissen zu machen, weil sie verliebt war? Dass ihre Mutter sterben würde wusste sie doch gar nicht und außerdem hat sie das nie gewollt!

Luise: Da hast du natürlich recht, aber du musst das so sehen: Damals war das einfach nicht so locker wie heute. Die Gesellschaft hat die Liebe zwar irgendwie toleriert, aber Sex vor der Ehe war durch die Kirche vor allem verboten. Was meinst du wohl, warum diese Szene im Dom spielt?

Konrad: Naja, weil das ein gruseliger Ort ist mit all den Kruzifixen, Grabplatten und Gemälden!

Regisseur: Nein!
Naja, vielleicht auch…
Aber hauptsächlich, weil die Kirche zu dieser Zeit noch einen sehr großen Einfluss auf die Menschen hatte und viele der Taten, welche die Gesellschaft verachtet hat, wurden meist von der Kirche vorgegeben.
Der Dom ist einfach der perfekte Ort um die Ächtung Gretchens durch die Gesellschaft darzustellen.
Und jetzt kannst du mal alleine überlegen, was der Chor hier zu bedeuten hat.

Wenn das jetzt geklärt ist, können wir dann bitte weitermachen? Einmal auf Anschluss von „Und unter deinem Herzen …“!

Alle begeben sich wieder auf ihre Plätze

BÖSER GEIST:

– Und unter deinem Herzen Regt sich’s nicht quillend schon Und ängstet dich und sich
Mit ahnungsvoller Gegenwart?

GRETCHEN:

Weh! Weh!
Wär ich der Gedanken los,
Die mir herüber und hinüber gehen Wider mich!

CHOR:

Dies irae, dies illa
Solvet saeclum in favilla.

Orgelton

Chormitglied:

Nur mal eine kurze Frage:
Was genau heißt das auf Deutsch?

Regisseur: Also, da steht: „Der Tag des Zornes, jener Tag löst die irdische Welt in Asche auf“ Und bevor jetzt jemand fragt: Hier wird wahrscheinlich auf das jüngste Gericht am Ende der Welt verwiesen. Es soll verdeutlicht werden, dass Gretchen schwere Schuld auf sich geladen hat und jetzt sowohl von der Gesellschaft auf der Erde als auch von Gott gerichtet wird.
Gut so? (allgemeines Nicken) Dann weiter!

BÖSER GEIST:

Grimm faßt dich! Die Posaune tönt! Die Gräber beben! Und dein Herz, Aus Aschenruh

Zu Flammenqualen Wieder aufgeschaffen, Bebt auf!

GRETCHEN:

Wär ich hier weg!
Mir ist, als ob die Orgel mir Den Atem versetzte, Gesang mein Herz
Im Tiefsten löste.

Konrad: (unterbricht wieder)

Warte mal, warum wiederholst du inhaltlich das, was ich gesagt habe? Bin ich sowas wie deine Innere Stimme, die dir sagt, was gut und was falsch ist, und dir jetzt voll das schlechte Gewissen macht, nur weil du diesen Faust liebst?

Michel:

Nicht „diesen Faust“! FAUST!
Meine Rolle verkörpert das, was damals häufiger passiert ist… zumindest der Teil mit Gretchen. Ein älterer Mann oder auch Wanderhandwerker, Kaufmänner oder halt andere haben sich mit jungen Mädchen angefreundet und diese häufiger mal verführt. Dass das überhaupt nicht richtig ist, die dann einfach sitzen zu lassen, haben haben die Wenigsten beachtet. Sie mussten ja auch keine Konsequenzen fürchten. Den Mädchen ging es dann häufiger schlecht. Vor allem, wenn sie ein Kind bekommen haben, denn dann wurden sie ausgestoßen. Und:
Achtung Konrad! Spoiler!
Teilweise haben sie dann ihre Kinder getötet und wurden dann des Kindsmords wegen umgebracht.

Konrad:

(etwas sauer) Das wusste ich schon! Ich hab das Stück schon durchgelesen. Und ja, ich weiß auch, dass du hier der „Freier“ in der Geschichte bist.
Nur meine Frage hast du nicht beantwortet.

Luise:

Jungs, beruhigt euch mal!
Ja Konrad, so in der Art kann man das sehen und jetzt lasst uns weitermachen.

CHOR:

Judex ergo cum sedebit, Quidquid latet adparebit, Nil inultum remanebit.

Chormitglied: Ähm…?

Regisseur:

Achso, ja:
„Wenn der Richter zu Gericht sitzen wird, wird das Verborgene offenbar werden und nichts ungerächt bleiben.“

Chormitglied:

Ok, das verstehe ich jetzt.
Ist doch wieder so ähnlich, wie das andere?
Nur wird hier schon das Ende, was Michel angesprochen hat, angedeutet.
Das Kind ist ja noch „verborgen“ und wenn es dann geboren ist und Gretchen es tötet, muss es „gerächt“ werden.

Regisseur:

So in der Art könnte es gemeint sein.
Bevor wir uns aber jedes Mal jetzt damit aufhalten, alles zu übersetzen hab ich hier noch kurz die letzten beiden:
„Was werde ich Elender dann sagen, welche Schutzheiligen anflehen, wenn kaum der Gerechte unbesorgt sein kann?“
Und dann eben noch die Wiederholung:
„Was werde ich Elender dann sagen?“

Michel:

Das hat jetzt nicht mehr mit Gretchen zu tun. Richtig?
Sondern nur, dass die Gesellschaft auf das sonst so gelobte, keusche Gretchen schaut und sich überlegt, was man selbst in der Situation tun würde.

Luise:

Das wäre auf jeden Fall naheliegend.
Denn Gretchen hat sich ja vorher regelkonform verhalten und wurde immer gelobt, wie du richtig sagst. Selbst ihr Bruder Valentin hat dies ja mit stolz gesagt, auch wenn er dann erfahren musste, was Faust mit Gretchen macht. Der ist ja auch irgendwie schuld daran, dass Gretchen jetzt in dieser Situation steckt.

Michel:

Nein, Mephisto ist doch hier der Kuppler, der Faust dazu bringt Gretchen sitzen zu lassen!

Konrad:

Na so halb. Faust kann gar nicht lieben. Der hat ja immer nur in seinem Keller gearbeitet und ist eigentlich vernarrt in die Lösung der Weltfrage.

GRETCHEN: Mir wird so eng! Die Mauernpfeiler Befangen mich! Das Gewölbe Drängt mich!- Luft!

Konrad:

Hä? Warum machst du einfach weiter?

Regisseur:

Weil wir heute noch durchkommen wollen!!!!! Ja ok…….

BÖSER GEIST:

Verbirg dich! Sünd und Schande Bleibt nicht verborgen.
Luft? Licht?
Weh dir!

CHOR:

Quid sum miser tunc dicturus? Quem patronum rogaturus? Cum vix justus sit securus.

BÖSER GEIST:
Ihr Antlitz wenden Verklärte von dir ab.
Die Hände dir zu reichen, Schauert’s den Reinen. Weh!

CHOR:

Quid sum miser tunc dicturus?

GRETCHEN:

Nachbarin! Euer Fläschchen!

Sie fällt in Ohnmacht
Konrad versucht sie aufzufangen, lässt sie aber dann doch auf den Boden fallen.

Regisseur:

Sehr gut Konrad, mach das ruhig so.
Deine Rolle ist ja schon irgendwie mit Gretchen verbunden, aber weil sie alle jetzt fallen lassen, kannst du das auch machen.

Luise:

So, jetzt haben wir es einmal durch.
Und damit es nachher nicht noch mehr Fragen gibt:
Gretchen ist gerade am untersten Rand der Gesellschaft angekommen und wird auch ihr Kind noch umbringen und dafür hingerichtet werden. (laut) (Am Ende richtet Gott sie und dann stirbt sie einfach so, aber das kommt ja erst noch.)
(aufzählen) Faust hat sie sitzen lassen; ihre Freunde helfen ihr nicht mehr; ihre Familie ist durch Mephistos Wirken zerbrochen, nachdem ihr Bruder sie vor allen als Hure bezeichnet hat; und die Gesellschaft verachtet sie.
In dieser Szene verinnerlicht sie das alles und fühlt sich schuldig, obwohl sie nicht wirklich schuld daran ist, sondern die am Machtdemonstration von Mephisto (laut) (die am Ende gar keine ist) und dann die Wette mit Faust.
Gretchen kann dem Druck nicht mehr standhalten und hier wird auch der Übergang zu ihrer Verwirrtheit in der Kerkerszene gezeigt.

Regisseur:

Das hast du gut erklärt.
Dann hoffe ich mal, dass wir bei der Wiederholung jetzt keine Schwierigkeiten mehr haben.
Also: wieder von Anfang „Dom“ bitte!

 

Margaretes Traum: Am Brunnen (schon wieder)

von Juli Renner

 

Gretchen        

schaut verwirrt umher und erblickt die fromme Version ihrer selbst:       

Scheiße, wie bin ich denn hier

gelandet?

Frommes Gretchen    

kommt herbei, packt sie an den Schultern und schaut Gretchen verzweifelt an  

Du gottlose Seele! Warum musstest du unseren Körper mit deinem ehrenlosen Rumgehure beschmutzen?

Gretchen        

seufzt

Chillax, immer ruhig mit den gläubigen Pferden, du untervögelte Jungfrau. Das Leben besteht

aus mehr als nur beten und enthaltsam sein.

Frommes Gretchen    

sichtlich aufgebracht    

Ach ja? Etwa daraus, sich von irgendeinem dahergelaufenem Typen

ein Kind in deinen Uterus pflanzen zu lassen, nur um später von ihm verraten zu werden?

Gretchen:

Ey, Faust ist nicht so einer!

Frommes Gretchen:   

Er wird unseren Bruder ermorden, uns zu schrecklichen Dingen verleiten, und außerdem ist

er wortwörtlich einen Pakt mit dem Teufel eingegangen.

Gretchen:

Nein!

Frommes Gretchen:   

Doch.

Gretchen:

Dafür hat er andere Qualitäten. Intellekt und ein schnittiges Antlitz beispielsweise.

Frommes Gretchen:   

Bezüglich des schnittigen Antlitzes gebe ich dir recht, aber seine intellektuell-akademische

Ausdrucksweise ist nur ein Instrument der Herrschenden, um Hierarchien auf- und auszubauen. Solange du dich ihm unterlegen fühlst, kann er mit dir umgehen, wie er möchte.

Gretchen:       

Das mag stimmen, aber ich kann mein sapiosexuelles Begehren nicht einfach unterdrücken…

Frommes Gretchen:   

Sapiosexualität, Masochismus oder schlichtweg pubertäre Identitätskrise? Egal, das

rechtfertigt noch lange nicht den Mord am eigenen Kind. Ist dir dieser egozentrische Satansbraten das wirklich

wert?

Gretchen        

schaut nachdenklich in die Ferne         

Schrecklich, welche Folgen patriarchale Strukturen und soziale

Zwänge haben können.

Frommes Gretchen    

 beruhigt sich langsam und folgt Gretchens Blick          

Das Leben wäre so viel angenehmer, wenn

man sich komplett von extrinsischem Erwartungsdruck befreien könnte, findest du nicht auch?

Gretchen:       

Jetzt, wo du es sagst, fällt mir auf, wie gut das Wetter ist. Eigentlich möchte ich gar nicht diesen

Dialog schreiben, sondern viel lieber an der frischen Luft die Sonne genießen. Vor allem, da die

Zeugniskonferenzen ohnehin schon vorbei sind.

Frommes Gretchen:   

Dann tue das! Slutshaming ist ohnehin sowas von 18. Jahrhundert. Unser Schicksal ist eh

determiniert… übrigens von einer männlichen Person. Ich denke, wir sollten anderen Schüler*innen mit

tatsächlich qualitativ hochwertigeren Beiträgen keine weiteren Raum wegnehmen.

Gretchen:

Da stimme ich dir absolut zu, anscheinend bist du doch nicht so naiv. Bis zur nächsten zwanghaft-

kreativen Deutschaufgabe, frommes Gretchen.

Frommes Gretchen:   

Bis dann, Ich wollte jetzt ohnehin zur Messe gehen.

Das Word-Dokument wird undeutlich, verzerrt sich und verwandelt sich anschießend in den Vanillejoghurt mit Himbeeren, welchen ich nun auf unserer Terrasse genießen werde.

 

Gretchen an der Domtür  von Catalina Krieger

 

Emsig wie die Meisen am Morgen

Flog ich einst aus und ohne Sorgen.

Wie ein Vöglein im weißen Gewand,

Doch mit der Zeit die Emsigkeit schwand.

 

Mit triefend schuldig Federkleid

Schleppt es nun herein Pein und Leid

Einst frei, froh, tugendhaft plaudernd

Ist ihm nun vor sich selber schaudernd.

 

Am Tag bang ich und in der Nacht

Ach, wär´ ich doch früher aufgewacht

Ich schrie, „Vöglein flieh“, wenn ich´s könnte,

„Nimm dich in Acht vor Amors Flinte!“

 

Doch Warnung hilft nun nimmermehr

Es hat dich erwischt mit Gewähr

Blute seh´ ich keines fließen

Dafür aber im Leibe sprießen

 

Unschuld eine Tugend ist,

Doch wer an ihr ´nen Narren frisst,

Dem ist nicht mehr zu helfen.

Willst doch das Best´ von beiden Welten.

 

Ob Kirche, Himmel, Erde, Leben,

Wer kann hier die Stricke weben?

Aus Schuld geknüpft des Galgen Tau

Macht quickes Leben grässlich grau.

 

Im Wald wird laut der höhnisch Sang

Mir wird es um das Vöglein bang

Ich wollt´, ich setzte mich zur Wehr,

Mir Armen ist das Herz so schwer.

Der Bauch dabei, der ist voll.

Hast doch erfüllt dein ́ himmlisch Soll.

Hast bei mir schon allzu sehr getagt.

Hast Dein unschuldig Leid geklagt.

 

Im Walde ist die Chance vertan,

Doch gegen ihn heg ich keinen Gram.

Denn findet Schuld ein Gleichgewicht,

so findet sie´s beim höchsten Gericht.

 

——

 

Mich überläuft´s, aber an Trän ́

Sag, wird´ ich sie je wiederseh´n?

Ach, könnte ich doch nur helfen ihr, mich regen,

Hätt´s doch Geleit auf allen Wegen.

 

Letztendlich hat´s doch meinen Segen.

Öffne Tür und Tor gen Garten Eden!

In höchster Not wird man sie retten,

Sie zwischen Silberstreifen betten,

denn Tugend ist, was Tugend bleibt,

was letztlich Richtung Himmel zeigt.

 

Margaretes Traum von Aaliyah Zoe Richter

Die Vögel zwitschern an diesem wunderschönen Sommertag und Gretchen spaziert Arm in Arm mit ihrem Geliebten. Auf einer blumenbesprenkelten Wiese lassen sie sich nieder und genießen die Ruhe und die frische Luft. Plötzlich wird Gretchen aus dieser traumhaften Situation gerissen.

Der Himmel wird ganz dunkel und alles um sie herum kalt. Auch Faust kann sie nicht mehr sehen. Es ist nebelig, doch in der Ferne erkennt sie einen Kinderwagen. Gretchen ist total verwirrt und nähert sich mit kleinen Schritten dem Wagen an. Je näher sie kommt, desto lauter kann sie Schreie eines Babys hören. Sieempfindet sofort das Gefühl, dass ihr sterbendes Kind in dem Kinderwagen liegt und läuft immer schneller, um ihr Kind zu trösten. Doch das Schreien wird immer lauter. Sie kann den Kinderwagen nicht einholen, egal wie schnell sie läuft. Es fühlt sich an, als würde ihr Kind die Nähe zu ihr nicht wünschen. Aus Enttäuschung.

Enttäuschung, da Gretchen ihr eigenes Kind im Stich ließ und es sogar kaltblütig umbrachte.

Sie schreit nach dem Kind, will es unbedingt in den Arm nehmen und sich entschuldigen. Nie hat sie das ihrem Kind nie antun wollen, doch sie hatte keine andere Wahl.

Die Gesellschaft akzeptiert keine unehelichen K inder. Nun wird sie von der Gesellschaft geächtet und von ihrem Geliebten im Stich gelassen.

Schweißgebadet wacht sie auf, doch noch immer hört sie das verzweifelte Schreien und Weinen ihres Kindes …