Fliegen lernen

Unser Bewusstsein von uns selbst und anderen wird entscheidend durch die Familie geprägt. Familiengeschichten sind auch der Rahmen für das Abiturthema „Der Verlorene“ von Hans-Ulrich Treichel. Im Deutschkurs von Frau Sandkühler-Jensen haben sich die Schüler:innen kreativ dem Thema angenähert, in dem es um Geborgenheit, Entfremdung, Vertrauen, Einengung, Nähe und Distanz geht. Hier einige Beispiele:

 

Fliegen lernen

Wie vom Sonnenstrahl geblendet,

wurde ich Dir entfremdet,

der Lärm, das Licht und Dein Lachen,

ließen das Leben in mir erwachen.

 

Der Sonne Strahl zu Wurzel kam,

führte mich in Euren Arm,

die  Nähe und Geborgenheit,

ließen mein Herz warm jederzeit.

 

Die Wurzeln, so viel Kraft und Halt,

gaben mir die Sicherheit, dass

mein kleines Füßchen langsam stark

sich in die Welt setzen mag.

 

Die Wurzel immer stärker strebte,

mein Herzchen immer mehr erlebte,

die Sonnenstrahlen taten gut,

weckten meinen Lebensmut.

 

Trotz Angst und Bange,

Ihr immer küsset meine Wange,

sodass die Wurzeln ihren Kern,

für immer halten gern.

 

Nun fliege ich trotz dieses Windes,

aus dem Leben eines Kindes,

Ihr spürt meine Liebe bestimmt,

wohin auch immer ich verschwind.

 

Durch der Sonnenstrahlen Wärme,

kann ich schweifen in die Ferne,

und weitergeben der Wurzeln Triebe

in meiner eignen Kinder Liebe.

Marie Radke, Q2e

 

Familie auf dem Prüfstand 

Verliebt, verlobt, verheiratet, geschieden.

Wie viele Kinder willst du kriegen?

Alles gut

solange, bis es irgendwann nicht mehr gut ist

Doch jetzt habt ihr halt Kinder

Ein Haus mit Dekorsteinchen auf der Fensterbank

Und kleine Emils und Mathildas sitzen

umständlich festgeschnallt auf der Rückbank deines VW Kombis

Umständlich festgeschnallt

Verliebt, verlobt, verheiratet, geschieden

Wie viele Kinder willst du kriegen?

Eigentlich keine mehr, wenn du ehrlich bist

Emil und Mathilda weinen laut als du gehst

du auch

Verliebt Verlobt Verheiratet, Verrat

Du brachst den Vertrag

und alle wundern sich

ihr passt doch so gut zusammen

du wunderst dich auch

dass sie sich wundern

schließlich werden 50% aller Ehen geschieden

Und du willst nicht recht verstehen

warum man die Liebe überhaupt

in seltsame Rahmen und Schachtel stecken muss

Umständlich festgeschnallt

Umständlich festgeschnallt

in unserem Leben

unseren Verträgen

umständlich festgeschnallt

Maja Nolte, Q2a

 

Familie

Wo die Liebe zweier Menschen zusammentraf

und das Schicksal dem Glück auf die Sprünge half,

da entstand ich, noch zart und ungewiss,

mein Vater mich sofort in die Arme riss.

 

Zwei Mädchen, zwei Jungen, ein ebenes Gespann,

in welchem als jüngstes Kind ich wuchs heran.

Und somit begann im sechsköpfigen Kreise

unsere persönliche und wunderschöne Reise.

 

Ein Meer aus Liebe, Vertrauen und Halt,

durch welches der Klang von Gelächter hallt.

So führt ein Schiff meine Gedanken fort

an meinen Heimatshafen und Rückzugsort.

 

Ich schließe die Augen, seh ́ mich in junger Gestalt

in Opas vier Wänden am grenzenden Wald.

Heiligabend 2010, es riecht nach Fondue,

unterm Baum Omas Bild, sie verließ uns zu früh.

 

Der Raum ist gefüllt von Liebe und Geborgenheit

und der Moment entfacht sich zur Unendlichkeit.

Wie gern würd´ ich verweilen und den Stopp-Knopf drücken,

doch erschreckenderweise zeigt mein Gedächtnis Lücken.

 

Wie jeder andere wachs ich heran und werde alt.

Bestehen bleibt dafür der Zusammenhalt,

denn auch wenn wir sechs je eigene Wege schlagen,

bin ich mir bewusst und kann sicher sagen:

 

Familie ist ein unendliches Bündnis,

immer zur Stelle für jedes Bedürfnis.

Ist mein Pfad dunkel, führt sie ins Licht,

ist die Wahrnehmung grau, gibt sie mir Sicht.

 

Und egal ob gestern, heute oder morgen,

Sie nimmt mir Ängste, Kummer und Sorgen.

Adelina Beqaj, Q2d