Indien und Russland mitten in Lübeck

Vor zwei Wochen, vom 18. bis 22. Mai, waren wir, ein paar Schüler:innen aus der Q1 und dem E-Jahrgang Teil von MUNOL. MUNOL bedeutet Model United Nations of Luebeck. Eine Woche lang lernten wir so die Arbeitsweise der Vereinten Nationen besser kennen und debattierten als Vertreter:innen eines bestimmten Landes über Themen aus der aktuellen Politik rund um das Konferenzthema: „Different Identities: Dividing or Uniting?“. Und obwohl in diesem Jahr durch die Pandemie-Situation alles ein bisschen anders war, haben wir doch viel mitgenommen.

Zunächst zum Rahmen: Das gesamte Planspiel findet auf Englisch statt, nach strikten Regeln geordnet und genau durchgetaktet. Wir waren in verschiedene Komitees aufgeteilt, wie z.B. dem Human Rights Committee oder dem Environment Council – dort haben wir die gesamte Zeit über gearbeitet. Die Teile der Veranstaltung, die normalerweise mit allen im Plenum stattgefunden hätten, wurden in diesem Jahr online gestreamt. Auch die Vorbereitung wurde durch Corona stark eingeschränkt, sodass das übliche “Position Paper”-Schreiben im Vorhinein wegfiel und wir uns auf eigene Faust mit der Position unseres Landes befassen mussten. Denn das ist überhaupt das Wichtigste: Man repräsentiert ein zugelostes Land und ist Teil der Delegation dessen. Wir vom Johanneum waren auf die indische und die russische Föderation aufgeteilt. Das heißt, wir haben uns im Vorhinein mit den Positionen des Landes bezüglich der Themen unseres Komitees auseinandergesetzt und wurden dann am Dienstag, als es losging, direkt ins kalte Wasser geschmissen.

Nach dem pünktlichen (!) Ankommen in vorgeschriebener seriöser Kleidung, dem Corona-Test und der Online-Eröffnung haben wir angefangen, Resolutionen zu schreiben, also quasi Anträge an unser Komitee – immer im Namen unserer Delegation natürlich. Spannend war das vor allem, weil wir dadurch unsere eigene Meinung komplett ausblenden mussten, was bei der Kombination aus z.B. Russland und Menschenrechten gar nicht so einfach ist. Am Dienstag hatten wir also den ganzen Tag, um diese Resolutionen mit anderen “Delegates” zusammen zu formulieren und formgerecht auf der MUNOL Website einzustellen, alles hochprofessionalisiert mit der MUNOL App. Auch eigenes MUNOL-Merch gab es: Pullis, Tassen, Flaschen und natürlich den MUNOL Energy Drink.

Am Mittwoch haben wir dann angefangen, diese Resolutionen zu diskutieren. Auch die Reden haben eine genaue Form, genaue Anreden der Komitee-Vorsitzenden und der Ablauf der Debatte ist über “Points and Motions” genau geregelt. Wer gegen Regeln verstößt, bekommt ein “Punishment” und muss eine von Delegates vorgeschlagene Strafe ausführen, z.B. mit einem Baum flirten, zu einem Lied tanzen oder einen Youtuber auf Englisch imitieren. Das sorgt für Spaß neben der anstrengenden Arbeit – genauso wie das Abendprogramm, das leider online, aber immerhin überhaupt mit allen zusammen stattfinden konnte.

Auch Donnerstag und Freitag waren von den Debatten geprägt, denn jede Debatte bekommt meist zwei Stunden Zeit inklusive Änderungsanträgen, die während der Debatte gestellt werden können. Am Samstag gab es dann noch die digitale Endveranstaltung, bei der auch die Awards für “Most Outstanding” und “Most Distinguish Delegates” eines jeden Komitees verliehen wurden und natürlich waren auch wir siegreich: Magnus aus der Q1c wurde als “Most Distinguish Delegate” des “Third Committee” ausgezeichnet!

An den Abenden probierten wir auf der Online-Plattform „Mibo“ eine alternative Form von Kennlernabenden aus. Und, wahrscheinlich am wichtigsten: Wir entdeckten eine gemeinsame Liebe für den kostenlosen Kaffee, der uns alle nach einigen anstrengenden Tagen bei MUNOL wachhielt.

Auch im Sicherheitsrat wurden wir vor einigen Herausforderungen gestellt. In meinem Fall (Liv) repräsentierte ich Indien im Sicherheitsrat. Wir haben uns mit den Themen „Wie hält man Terroristen davon ab, Massenvernichtungswaffen zu erhalten?“, „Die Situation in Afghanistan“ und „Bekämpfung des Einsatzes von Kindern in bewaffneten Konflikten in Süd Sudan“. Für Schüler im Alter von 16-18 ganz schön große Themen, doch glücklicherweise konnten wir uns alle intensiv vorbereiten, um die Ansicht unseres Landes in dieser Situation bestmöglich zu vertreten. Wir führten dadurch produktive Debatten, die zur Verabschiedung vieler Amendments führten. Nicht so leicht erging es uns an unserem letzten MUN-Tag, hier führten wir eine sogenannte Crisis durch. Das bedeutet: wir debattierten ein unvorbereitetes Thema und während der Debatte erhielten wir regelmäßig Updates zum aktuellen Stand der Situation, wie in einer echten Krisensituation!

Nach einer Woche voller Erfahrungen, neuem englischen Vokabular, Begegnungen, Wissen über die Funktionsweise der UN, verabschiedeten Resolutionen und Änderungsanträgen ging MUNOL 2021 für uns zu Ende. Wir haben viel mitgenommen und vielleicht sind auch einige von euch im nächsten Jahr dabei, wenn hoffentlich auch die Delegates aus anderen Ländern in Präsenz an der Thomas-Mann-Schule dabei sein können.

Sophia Marie Pott, Q1d, und Liv Koschmieder, Ed, für das MUNOL-Team Johanneum 2021

Fotos: Ulrike Wiegand