Von quietschenden Griffeln und Hieben mit Rohrstöcken

Wie sieht ein typischer Schultag bei dir aus? Wahrscheinlich stehst du morgens auf, duschst oder wäschst dich, frühstückst, fährst mit dem Rad zur Schule, lernst ein bisschen was, triffst deine Freunde, machst vielleicht etwas Blödsinn und fährst wieder nach Hause. Vor 150 Jahren wäre das alles so bestimmt nicht passiert.
Am Dienstag, den 10.01.1888, ähh, ich meine natürlich den 10.01.2023,  befand sich die Klasse 6b am Lübecker Hauptbahnhof, denn diese wollte mit Herrn Paustian und Herrn Goossens ins Schulmuseum nach Hamburg fahren. Nach einer sehr witzigen und auch lauten Zugfahrt waren wir endlich in Hamburg, wo wir nach einer kurzen Fahrt mit der S-Bahn dann auch direkt zum Schulmuseum gingen. Schon nach den ersten Schritten ins Schulmuseum wussten wir, dass es hier früher anders zugegangen ist.
Nach einer kurzen Pause zum Essen, Trinken und ein bisschen in alten Schulbüchern Schnuppern, mit denen wir sehr vorsichtig sein mussten, denn diese waren teilweise über 200 Jahre alt, ging es erst richtig los.
In einem Raum im ersten Stock waren viele alte Kleidungsstücke und Schriften aufbewahrt. Der Museumsführer erklärte uns einiges über die Schulzeit zur Kaiserzeit und wie mit den Kindern damals umgegangen wurde. Wusstest du, dass man früher nur sieben Jahre in der Schule war? Oder dass man geschlagen wurde, nur weil man einen Lehrer auf der Straße nicht gegrüßt hat? Bis etwa Mitte des letzten Jahrhunderts durften die Lehrer die Schüler noch züchtigen, also schlagen, wenn sie im Unterricht nicht aufgepasst haben oder frech waren! In unserer Zeit heute unvorstellbar, früher normal. Wir haben viel diskutiert und haben festgestellt: Die Kinder früher hatten es deutlich schwerer als jetzt, besonders die Mädchen, die in vielen Bereichen des Lebens benachteiligt wurden.

Danach wurde es erst richtig spannend, denn der Museumsführer wollte mit uns eine Schulstunde wie zu Zeiten des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II in einem Klassenraum wie damals nachspielen. Natürlich war die ganze Klasse Feuer und Flamme. Und es gab sogar Kostüme! Dafür gab man den Mädchen Schürzen und den Jungs Halstücher, und es gab sogar Namensschilder, auf denen Namen wie Gottlieb oder Alma standen. Am Anfang der Unterrichtsstunde mussten wir uns nach der Reihe in die Bänke setzen, von hinten nach vorne. Und wehe, einer von uns hat nicht die Anweisung des Lehrers befolgt. Wir mussten gerade sitzen, die Füße nebeneinander auf den Boden und die Hände gefaltet auf die Tische legen.  Dann mussten wir Gedichte zum Kaiser aufsagen oder eine ganz alte Schrift lernen, die Kurrentschrift heißt. Anders als heute war zudem, dass bei einer Frage des Lehrers das Kind aufstehen und in ganzen Sätzen und mit der Ansprache „Herr Lehrer“ antworten musste. Der Lehrer war zu uns, Gottseidank, nicht so streng wie früher. Außerdem mussten wir auf Schiefertafeln mit Griffeln schreiben, das hat vielleicht gequietscht.

Nach dem Unterricht sind wir wieder aus dem Museum gegangen und mit dem Zug nach Hause gefahren. Es hat viel Spaß gemacht und wir sind froh, dass wir heute und nicht wie früher zur Schule gehen müssen!
Lotte Steinhagen und Oskar Marioth, 6b
Fotos: Lucas Paustian und Frederik Goossens