Weltenbummlerin mit Lust auf mee(h)r

Mexiko, Konzerttourneen und das Fahren eines ganz besonderen Schlittens – das sind nur ein paar der Themen, die sich im Laufe des Gesprächs mit Frau Lindig ergeben haben. Sie kehrte zu Beginn dieses Schuljahres nach ihrem Studium und abgeschlossenen Referendariat als Lehrerin für Englisch und Spanisch ans Johanneum zurück. Euer Interesse ist geweckt? Dann lernt sie mithilfe des Interviews noch etwas besser kennen!

Nach einem kurzen Gespräch kommen wir auf das Reisen zu sprechen.

In welchen Ländern waren Sie bisher und welche waren besonders schön? 

Oh, das wird eine lange Liste. Ich liebe es, die Welt zu sehen. Die größten und besondersten Reisen waren aber die, welche eine Beziehung mit dem Land, den Menschen und ihrer Kultur hergestellt haben. 

Als ich zwischen 16 und 17 Jahre alt war, fand meine erste große Auslandsreise außerhalb Europas statt. Ich war in der 11. Klasse für ein Austauschjahr in Mexiko. Das war wunderschön und ich hatte eine wirklich tolle Gastfamilie. In der Zeit hatte ich auch die Möglichkeit vor Ort ein bisschen zu reisen. Seitdem bin ich mehrmals zurückgekehrt, um Freunde und Familie dort zu sehen und das Land weiter kennenzulernen. Mexiko ist ja riesig – etwa fünfeinhalb mal so groß wie Deutschland – und unglaublich vielfältig. 

Nach dem Abitur war meine nächste große Reise das Work and Travel in Neuseeland, wo ich für ein halbes Jahr mit Locals und anderen Backpackern Nord- und Südinsel bereist und erkundet habe. Das Gefühl von Freiheit und Weite, das ich dort erlebt habe, war nach den Prüfungen genau das Richtige! Im Anschluss war ich noch sechs Wochen auf Bali und habe dort an einer Dorfschule Englisch unterrichtet, viele Tempel besucht und einen Discover Scuba Diving Kurs gemacht

War diese Erfahrung Auslöser für Ihre Entscheidung, Lehrerin zu werden?

Ich hab gar nicht so viel darüber nachgedacht, warum und wie ich dort gelandet bin, es hat sich einfach so gefügt. Ich hatte immer schon Freude an Sprachen und am Unterrichten und habe in der Mittelstufe angefangen, Nachhilfe zu geben. Nach der Schule haben sich das Freiwilligenprojekt auf Bali und das anschließende Studium ergeben. Ich habe auch in anderen Bereichen Praktika gemacht, aber letztendlich bin ich sehr glücklich mit dem eingeschlagenen Weg.

Sie sind nun hier als Lehrerin am Johanneum. Wie kam es dazu? 

Nach dem Abitur am Johanneum und meinem Gap Year habe ich in Würzburg mein Lehramtstudium begonnen. Ich wollte nochmal rauskommen und woanders wohnen. Nach dem Referendariat in Unterfranken hat es mich aber wieder nach Hause in den Norden gezogen. Ich wollte wieder näher an meiner Familie und dem Meer sein und nun bin ich hier!

Und wieso haben Sie sich wieder das Johanneum ausgesucht? 

Der Schulspirit am Johanneum ist besonders stark. Ich fühle mich der Schule immer noch verbunden und wollte wieder ein Teil dieser Gemeinschaft werden. Ich finde die vielen Veranstaltungen toll, die das Miteinander hier stärken, besonders die Konzerte und Sportfeste, und die Schüler:innen und Kolleg:innen sind wirklich nett, herzlich und hilfsbereit. Ich fühle mich einfach wohl hier!

Was gefällt Ihnen besonders am Johanneum?

Unter anderem bin ich davon begeistert, dass es nicht nur ein allgemeines Schulorchester gibt, sondern dass es für jede Jahrgangsstufe etwas gibt – sei es ein Streichorchester, ein Blasorchester, verschiedene Chöre, die BigBand oder auch das Sinfonieorchester. 

Da war ich früher übrigens auch mit dabei, erst mit der Geige, später mit meiner Posaune. Als Soloinstrument sind beide eher schwer, aber damit Teil eines Orchesters zu werdenWow! Zusammen mit anderen einen solchen Klangteppich hervorzubringen, Emotionen zu kreieren und auch selbst zu erleben, ist wunderschön.

Neben solchen bewegenden Momenten ist mir besonders die Venedig-Konzerttournee in Erinnerung geblieben – mit dem Oberstufenchor, der BigBand und dem Sinfonieorchester. Viele derjenigen, die kein Musikinstrument spielen konnten und noch in keinem Oberstufenensemble waren, haben in dem Jahr wundersamerweise für den Chor vorgesungen… 😉 Das war wirklich eine tolle Zeit! 

In Momenten, in denen ich nicht viel Zeit habe zu spielen, fehlen mir die Musik und die Gemeinschaft sehr. Weil ich selber aktuell nicht viel spielen kann, freue ich mich deswegen sehr auf die nächsten Schulkonzerte!

Es ist bestimmt anders im Publikum zu sitzen als selber mitzuspielen, oder?

Oh ja, das ist wirklich unterschiedlich. Wenn du mitspielst, erlebst du die Musik viel intensiver und fieberst richtig mit. 

Zurück ins Klassenzimmer:

Eine kleine Frage für zwischendurch zu den eher ungewünschten Geräuschen“ im Unterricht. Wenn die Klasse mal lauter ist, was ist Ihr geheimer Trick, diese Unruhe zu beenden? 

Am effektivsten ist natürlich Prävention. Wenn es doch mal hochkochen sollte und zu viel mit Sitznachbarn geredet wird, hilft es meist, die Person mit ihrem Namen anzusprechen, eine Frage zu stellen und die Schüler:innen so wieder mit in das Unterrichtsgespräch einzubeziehen. 

Daneben hilft es auch, entgegen der Intuition selbst ruhig zu werden, zu warten und nicht gegen den Lärm an zu schreien. Das bringt meistens nichts und man macht sich nur die Stimme kaputt.

Wenn Sie nichts dagegen haben, werden wir nun etwas persönlicher. 

Wie würden sie sich in drei Worten beschreiben?

Drei Worte reichen glaube ich nicht, aber vielleicht so: 

Fröhliche Weltenbummlerin mit Lust auf Meer/ mehr.

Ist Ihnen die Freiheit wichtig, die man am Meer oft spüren kann?

Ja! Das Rauschen der Wellen und die Weite, die man durch den Horizont am Meer erlebt, sind überall beruhigend und wunderschön. 

Während des Studiums in Süddeutschland hat mir das sehr gefehlt. Von den umliegenden Weinbergen „eingekesselt zu sein und der eingeschränkte Blick auf die Landschaft sowie Sonnenauf- und -untergänge sind eher nichts für mich. Wenn ich jetzt morgens aufstehe und mit dem Zug zur Schule pendele, sehe ich, wie über einem See die Sonne aufgeht. Den intensiven, orangenen Himmel und den weiten Ausblick genieße ich dann sehr! Im Winter ist der Blick über die verschneiten Felder und z. B. Rehe oder Wildvögel ein kleines Highlight auf dem Heimweg, morgens ist es ja leider noch dunkel.

Welcher Song beschreibt Ihre Persönlichkeit? 

Es gibt nicht nur einen passenden Song. Bei mir kommt es auf meine Stimmung drauf an! Generell bin ich ein großer Fan von Latinomusik. Ich höre gerne viel Musik auf Spanisch, aber auch auf Englisch. Musik z. B. von Gente de Zona oder Álvaro Soler macht mir gute Laune! Ein Song, der mir spontan einfällt, heißt „La Cintura“ von Álvaro Soler, das mich insofern beschreibt, weil ich selber gerne tanze. Von Juan Daniél gibt es noch „Vagabundo“. Im Chorus heißt es „Soy un vagabundo / Mi casa es el mundo / Yo solo necesito / El mar y el sol“, was teilweise passt: Die ganze Welt ist mein Zuhause, aber ich komme auch immer wieder gerne hierher nach Hause zurück. Ich bin also auf jeden Fall eine Weltenbummlerin, aber dennoch sehr heimatverbunden. 

Haben sie neben Ihrer Lieblingsmusik auch einen Lieblingsfilm, den man gesehen haben sollte?

Das ist sehr schwierig zu beantworten. Es gibt so eine unglaubliche Flut an Filmen und Serien. In der Schule arbeite ich ab Klasse 10 gerne mit Green Book (2018), einem wirklich guten Film mit einer wichtigen Message. Privat mag ich sogenannte „whodunnit“-Krimis („Who [has] done it?“), in Buch und Film, gerne mit Urlaubsflair. 

Von der BBC gibt es eine sehr gute Produktion, „Death in Paradise“, die auf der fiktiven Insel San Marie spielt und auf Guadalupe in der Karibik gefilmt wurde. Die Episoden beinhalten zudem eine schöne Mischung aus britischem und karibischem Englisch, manchmal auch mit Gästen französischer Herkunft. So kommen ganz viele verschiedene Varietäten und Akzente im Englischen zusammen, mit einigen bekannteren britischen Schauspielern und vielen Locals. Man wird in den Filmen immer in die Karibik entführt – quasi Urlaub auf dem Sofa!

Wie sieht es bei Ihnen mit einem Lieblingsbuch aus?

Jean-Luc Bannalec schreibt tolle Bretagnekrimis über Kommissar Dupin. Inzwischen gibt es davon zwölf Stück und jeden Juni heißt es für mich ab in die Buchhandlung für die Neuerscheinung. Der Fokus der Bücher liegt natürlich auf den Kriminalgeschichten, aber jedes Buch dient gleichzeitig auch ein bisschen als Reiseführer. Im zweiten Coronasommer sind mein Mann und ich kurzerhand ins Auto gestiegen, in die Bretagne gefahren und haben u. a. einige Orte aus den Büchern erkundet, Spezialitäten probiert und sehr nette Bretonen kennengelernt. Das war ein tolles Erlebnis!

Was essen Sie besonders gerne? 

Pasta geht immer. Dunkle Schokolade, Himbeeren und Mango zählen auch zu meinen Favoriten

Was würden Sie Ihrem jüngeren Ich sagen wollen?

Sei du selbst, denn die anderen gibt es schon! Es ist wirklich nicht so wichtig was die anderen denken. Aus der Lehrerperspektive sehe ich es deutlicher: Dazugehören ist wichtig. Ich kann das gut nachvollziehen, aber letztendlich wirst du im Leben Menschen kennenlernen, die so ticken wie du selbst. Es macht Spaß verrückt und einzigartig zu sein. Wer dich nicht so mag, wie du bist, ist deine Zeit nicht wert! Trotzdem ist es natürlich wichtig, auch mit anderen arbeiten zu können, die nicht zu deinem Freundeskreis gehören.

Wie würden Sie einen perfekten freien Tag gestalten? 

Ich stelle mir da gerne einen Urlaubstag vor, so ähnlich wie vor Kurzem in Kolumbien

Ich stehe gerne früh auf, genieße es aber, mit dem Wissen noch nicht aufstehen zu müssen, eine Zeit lang liegen zu bleiben. Vielleicht zwitschern draußen die Vögel und die Sonne scheint leicht durchs Fenster. Dann stehe ich auf und betrachte die Sonne wie sie über dem Meer aufgeht, begrüße gleichzeitig in Ruhe den Tag und frühstücke danach mit meinem Mann. Am liebsten gibt es ein Buffet mit Backwaren, tropischen Früchten und verschiedenen Säften. 

Danach gibt es diverse Aktivitäten wie zum Strand Gehen, Tauchen, Sehenswürdigkeiten vor Ort bewundern, ganz viel fotografieren. Mich sieht man meistens wenig auf den Urlaubsfotos, weil ich eher hinter der Kamera stehe.

Gerne nehme ich ein spätes Mittagessen zu mir, ruhe mich danach aus, lese oder gehe schwimmen. Am Abend würde ich noch etwas Fahrrad fahren oder tanzen gehen. Ein internationales Abendessen gehört auch dazu – italienisch, spanisch, japanisch, lateinamerikanisch, wenn ich unterwegs bin gerne etwas Lokales, um Neues zu probieren. Vielleicht sitzen mein Mann und ich während des Essens unter dem Sternenzelt mit Kerzenlicht und Grillenzirpen.

Ein gelungener warmer Urlaubstag! Reisen Sie denn auch gerne in nördlichere Gegenden oder bleiben Sie lieber im sonnigen Süden?

Beides! Ich bin auch gerne im Norden unterwegs, beispielsweise in Norwegen. Roadtrips durch Skandinavien oder ein längerer Aufenthalt in einem kleinen Holzhaus an einem Fjord oder See sind sehr schön. Die Gletscher und Berge dort finde ich auch sehr beeindruckend. 

Weißt du was außerdem richtig Spaß bringt? Einen Hundeschlitten zu fahren! In Tromsø waren wir mal eine Woche zum Jahresbeginn, das bedeutet viel Dunkelheit und Kälte, aber es war trotzdem so, so toll. Wenn du dein Team mit fünf bis sechs Hunden lenkst, indem du hinten auf dem Schlitten stehst, noch eine Person vor dir auf dem Schlitten sitzt und ihr gemeinsam durch die verschneite Landschaft saust, ist das ein ganz besonderes Erlebnis. Man fühlt sich voller Power, hat einen tollen Blick und trägt die Verantwortung für das Wohlergehen seines Teams. Natürlich sind die Hunde auch einfach super goldig – sie haben Spaß am Laufen und Knuddelnund die Schnelligkeit der Fahrt trägt auch etwas zu der Euphorie bei!

Die Lust ist auf jeden Fall geweckt! Vielen Dank für dieses inspirierende Interview. Wir freuen uns, Sie am Johanneum (ein zweites Mal) willkommen heißen zu dürfen!

Vielen Dank! Ich freue mich auf die Zeit hier!

Viola Ernst, Q2b, für die Presse-AG