Freundliche Züge

waren es wohl nicht gerade, als Frederik Svane, Q1c, seinen Gegner Schachmatt setzte und damit zum ersten Schachweltmeister (U16) aller Zeiten aus Schleswig-Holstein wurde. Ein unglaublicher Sieg! Dazu noch nach einer beinahe verpassten Qualifikation und unter den Bedingungen von Corona.

Frederik Svanes Schachkarriere begann früh:  Als Kind sah er seinem Bruder, der selbst früh mit dem Schach angefangen hatte, beim Training zu und wurde von diesem Hobby völlig fasziniert. So fing bald auch er an, regelmäßig zu trainieren. Zusätzlich zum Spielen löste er Aufgaben, bei denen verschiedene Schachstellungen vorgegeben waren und aus denen man den besten Zug ziehen musste. Dadurch lernte er über die Jahre hinweg, in Partien immer besser zu spielen.

„Ich habe einen Einzeltrainer, bei dem ich zwei Mal die Woche eine Stunde Training habe“, erzählt der Elftklässler, „aber ich trainiere meistens alleine.“ Und das jeden Tag mehrere Stunden lang.  Grinsend gibt er zu, dass er nach dem Sieg vorerst nicht mehr so viel Lust hatte zu spielen. „Da musste ich erst einmal Pause machen“, sagt er und lacht. Obwohl er als Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft auch nicht mehr als regulär trainiert hatte, qualifizierte er sich für die europäische Vorrunde und gelangte somit in das „Runden-System“. Dort wurden sieben Partien gespielt, aus denen sich die Top 3 für die Weltmeisterschaft, bei der 16 Spieler:innen dabei waren, qualifizieren konnten. Dies sollten jeweils drei von den Kontinenten Afrika, Asien, Europa und Amerika sowie die vier besten Spieler:innen der Welt sein. Und beinahe hätte Frederik Svane diese wichtige Qualifikation verpasst, denn fünf weitere Spieler:innen hatten ebenso viele Punkte wie er, sodass in der Zweit- und Drittwertung überprüft werden musste, wer für Europa ins Rennen gehen sollte. Um einen Punkt lag er in der Drittrunde unter den besten drei Gegnern. Ärgerlich, wenn nicht ein Spieler eine Stufe höher gespielt und ein anderer abgesagt hätte. Aber auf einen dieser beiden frei gewordenen Plätze konnte der Johanneer nachrücken.

Der Wettkampf verlief aufgrund von Corona komplett am Bildschirm. Für Frederik Svane keine große Umstellung. Er spielt oft am Bildschirm, momentan ist dies die gängigste Turnierform. Auch zum Training begegnet er anderen Spielern online, um auch diese Praxis üben zu können. Dabei säßen immer echte Personen auf der anderen Seite. „Gegen Maschinen zu spielen, ergibt nicht so viel Sinn, da sie völlig anders als Menschen agieren“, erläutert er. Am Computer würde er nicht besonders anders spielen, als er es bei einer realen Partie täte. Doch da er schon lange nicht mehr in einer tatsächlichen Begegnung gespielt habe, könne es sein, dass sein Spielstil sich verändert habe. Er sieht in der Corona-Variante den Vorteil, dass nicht alle Spieler anreisen und übernachten müssen. Die Weltmeisterschaft hätte ansonsten wahrscheinlich in Indien stattgefunden, wo es viele besonders gute jugendliche Schachspieler, „Wunderkinder“ und einen ehemaligen Weltmeister gibt. Auf der anderen Seite: Natürlich lässt sich online mit Schachprogrammen schummeln, die um einiges besser als menschliche Spieler sind. Bei der Weltmeisterschaft wurde dem vorgebeugt: Zum Beispiel wurden verschiedene Programme eingesetzt, die die Partien starker Spieler:innen analysieren, um dann bei Weltmeisterschaften zu überprüfen, ob es ein menschlicher Zug ist. Außerdem haben als zusätzliche Kontrolle einige sehr gute Spieler:innen zugesehen,. Bei der Weltmeisterschaft musste zusätzlich der Bildschirm geteilt werden, und es durfte nur ein Tab offen sein. Zudem mussten die Teilnehmer:innen sowohl ihre Webcam als auch eine Kamera von hinten und ihren Audiokanal einschalten. „Da ist es schon ganz schön schwierig zu schummeln“, fasst Frederik Svane zusammen. Warum sein Gegner kurz vor Schluss aufgegeben hat? Der Oberstufenschüler antwortet nur knapp mit freundlichem Lächeln: „ Er wäre sowieso in zwei Zügen Matt gegangen.“

Besonders ungewöhnlich: die Siegehrung. Auch sie fand virtuell statt, sodass Frederik leider nur ein Online-Zertifikat und eine virtuelle Medaille erhielt sowie ein weiteres Zertifikat per Post vom Deutschen Schachbund. Außerdem hat er ein achtstündiges Einzeltraining mit einem Großmeister gewonnen und muss nun hoffen, dass dieses trotz Corona wirklich stattfinden kann. Großmeister zu werden, erfordert im Schach außerordentliche Erfolge.

Natürlich hat er seit seinem Sieg viele Interviews gegeben. Doch ansonsten hat sich im Leben des 16-Jährigen nicht viel  verändert. „Hoffentlich bleibt das so, denn ich will jetzt auch nicht zu viel im Mittelpunkt stehen“, meint er bescheiden.

Dass Frederik Svane den Titel nach Lübeck und ans Johanneum geholt hat, ist dennoch eine Sensation. Er empfiehlt sein Hobby weiter, denn man lerne, auch mal zu verlieren. Wenn man Kinder Schach spielen sähe, würde man bemerken, dass diese nach einer Niederlage häufig sehr traurig seien. Mit der Zeit würde man lernen, dies besser anzunehmen und auch seinem Gegner gegenüber mehr Respekt zu haben.

Voraussetzungen braucht es nicht, denn: „Egal wer, Schach kann jeder spielen.“

Josefin Greve, 9d