Die regionale Jugend debattiert – und das Johanneum ist mit dabei

Hast du dich einmal gefragt, warum dein Wecker jetzt, im Februar, um 6:30 Uhr klingelt und du kurze Zeit später im Klassenraum sitzt und deinem Lehrer dabei zuhörst, wie er schon wieder den Termin für die nächste Klassenarbeit verkündet, während auf deinem Handy Fotos von deinen Freunden auftauchen, die sich beim entspannten Frühstück im Hotel auf einen sonnigen Tag auf der Ski-Piste freuen? Schnell wird dir der Grund klar: Deine Freunde wohnen einfach im richtigen Bundesland. Nämlich in einem, in dem es Winterferien gibt. Und findest du es eigentlich okay, dass in diesem ganzen Text bisher nicht einmal davon die Rede war, dass dein Lehrer in Wirklichkeit eine Lehrerin ist und sich unter deinen „Freunden“ auch ganz viele Freundinnen befinden, die hier einfach mal vom generischen Maskulinum verspeist worden sind?

Solche Fragen stellten sich auch Anna-Lena, Mark, Noa und Mattis, die sich für das Regionalturnier des Wettbewerbs „Jugend debattiert“ am 11.02.2022 qualifiziert hatten. Das Johanneum nimmt schon seit vier Jahren regelmäßig an diesem spannenden Event teil, in welchem es darum geht, sich für oder gegen eine bestimmte Streitfrage auszusprechen und den debattierenden Gegner mit guten Argumenten zu schlagen. Die Frage bestand also für Mark und Anna-Lena, unsere Mittelstufen-Debattan:innen, darin: „Sollten in Schleswig-Holstein Winterferien eingeführt werden?“ Eine Frage, die viele von uns nicht kalt lässt. Sie hatten in ihrer Eröffnungsrede nur zwei Minuten, um sinnvolle Vorschläge zu machen und beide traten mutig als „Pro 1“, also als allererste Redner der Debatte, gegen Schüler:innen z.B. des Katharineums, der Stormarnschule aus Ahrensburg oder des Kopernikus-Gymnasiums in Bargteheide an. Danach folgten entsprechend dem Regelwerk zwölf Minuten einer freien Aussprache und ganz zum Schluss mussten sie sich noch einmal sammeln, um in einer Minute das Wichtigste auf den Punkt zu bringen.

Dasselbe Prozedere galt auch für Noa und Mattis, die in der Altersstufe II (Oberstufe) für uns antraten. In der Hinrunde debattierten sie die Frage: „Soll an Schulen in Schleswig-Holstein gegendert werden?“. Ein schwieriges Thema, da die beiden sich eigentlich erst im kommenden Schuljahr im Deutschunterricht damit beschäftigen werden. Und auch die Rückrunde hatte es in sich: Hier erörterten die beiden ein Thema, bei dem geschichtliches Hintergrundwissen vonnöten ist: „Sollen schleswig-holsteinische Museen Kunstschätze aus der Kolonialzeit an ihre Herkunftsländer zurückgeben?“ Wer hätte gedacht, dass es im Lübecker Behnhaus zahlreiche Masken gibt, über die sich diskutieren lässt, ob sie an ihre Ursprungsländer oder -stämme (was nämlich nicht das Gleiche ist) zurückgegeben werden sollten. Währenddessen debattierten Mark und Anna-Lena auf der „Contra“-Seite zu einer Frage, zu der nicht einmal die Erwachsenen eine gute Antwort kennen: „Sollen unsere Schulen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wieder geschlossen werden?“ Anna-Lena hatte eine sehr starke Konkurrenz, die den Vorschlag machte, den Wechselunterricht wieder einzuführen und damit die besonders gefährdeten Gruppen (ungeimpfte jüngere Kinder und ältere Lehrkräfte) zu schützen. Doch sie setzte sich klar dafür ein, die Schulen geöffnet zu lassen, damit niemand auf der Strecke bleibe. „Wo sollen die Kinder denn lernen, mit Konflikten umzugehen und wer soll ihnen helfen, wenn sie ganz allein zu Hause sind?“, fragte sie ihre Kontrahent:innen.

Da der Wettbewerb selbst bei solchen schwierigen Diskussionen eine ziemlich gesittete Veranstaltung ist, in der sich alle Teilnehmer:innen an das zwischenmenschliche Gebot halten, anderen gut zuzuhören, sie ausreden zu lassen und klug darauf einzugehen, hatte die Jury am Ende sehr viel Lob, aber auch einige Tipps für sie übrig. Anna-Lena beispielsweise habe laut der strengen Jury (der sogar ein Lübecker Schulleiter angehörte) überzeugende Fakten eingebracht und auch „wunderschöne Formulierungen“ gefunden, von denen die Jury gern noch mehr gehört hätte. Gerade bei einem von den Erwachsenen meist hitzig diskutierten Thema keine schlechte Leistung! Am Ende siegten doch andere Schulen, sodass sie nicht beim Landeswettbewerb im Kieler Landtag dabei sein wird. Insgesamt zeigte sich aber: „Jugend debattiert“ ist eine tolle Möglichkeit zu üben, echte Argumente austauschen, anstatt sich aufzuregen oder gar wütend oder laut zu werden. Unsere vier Johanneer haben bewiesen, dass sie fair streiten können.

Teilnehmer Mattis Jannsen kommentiert: „Da die Debattenthemen sehr interessant und ambivalent sind, waren auch die Debatten sehr lebhaft. Innerhalb der Debatte hat sich somit ein sehr differenziertes Bild der Streitfrage ergeben. Das war sehr interessant. Somit hat sich innerhalb der Debatten für mich ein ganz neuer Blickwinkel auf die jeweiligen Themen ergeben. Außerdem haben die Debatten auch sehr viel Spaß gemacht, da man den Konkurrenten auf Augenhöhe begegnet ist.“

Möchtest du auch bei „Jugend debattiert“ mitmachen? Dann sei im kommenden Schuljahr mit dabei. Wenn du dann in der achten Klasse oder im E-Jahrgang bist, wirst du sogar Unterricht in „Jugend debattiert“ erhalten. Sprich einfach deine Deutschlehrkraft an, denn hier wird das Thema spätestens nach den Herbstferien unterrichtet. Wenn du das Format bereits kennst und auch dabei sein möchtest, dann melde dich per E-Mail bei Frau Lattwein. Nur Mut, es macht wirklich Spaß!

Ramona Verwold