Kulturschock in Tansania

Nach einer Woche in dieser fremden, bunten Welt waren wir geradezu überschüttet mit neuen, nie gesehen Eindrücken: Frauen in bunten Kleidern, oft mit kleinen Kindern auf dem Rücken balancieren mit der größten Selbstverständlichkeit randvolle Warenkörbe auf dem Kopf. Mit lauten Rufen spielen Jungen barfuß Fußball mit einem Ball aus gepresstem Plastik. Zahlreiche winzige Verkaufstände auf dem Boden oder auf schiefen Bretterständen reihen sich am Straßenrand aneinander, bieten Tomaten, Bananen, Mangos und viele andere Früchte feil. Alles scheint in Bewegung zu sein, auf dem Fahrrad, zu Fuß oder mit schwer beladenen Sackkarren, die wie große Schubkarren bewegt werden. Motorradtaxis und Tucktucks, die sie hier Bajaji nennen, warten auf Kundschaft. Im Straßenverkehr tummeln sie sich ebenso wie übervolle Kleinbusse, die Dala Dalas, große Geländewagen oder bunt bemalte Trucks. Verkehrsregeln erschließen sich hier im Linksverkehr allerdings nur im Ansatz.

Am Mittwochmorgen beginnt unser regulärer Schulunterricht. Zunächst aber versammeln sich alle Schüler:innen um 7:30 Uhr in der Kapelle für eine Morgenandacht. In geordneten Reihen gehen dann alle in ihrer Schulkleidung auf den Vorplatz, um sich klassenweise für den morgendlichen Appell aufzustellen. Nach einigen Ankündigungen tritt aus jeder Klasse jemand hervor, um den Anderen mitzuteilen, was heute gelernt werden soll.

Der Unterricht ist ausschließlich frontal: Der Lehrer erklärt, zeichnet und schreibt an die wandfüllende Tafel, beobachtet von ca. 40 Augenpaaren, wir natürlich mittendrin. Es gibt jeden Tag zwei Pausen für alle Austauschpartner, eine für Tee und ein wirklich leckeres Lunch.

Am Nachmittag geht es mit den oben genannten öffentlichen Verkehrsmitteln zu den Austauschpartnern nach Hause. Die tansanischen Familien leben durchaus sehr beengt. Wer ein eigenes Bett und das eventuell noch in einem eigenen Raum abbekommen hat, gilt unter uns als privilegiert, und eine Sitztoilette und fließendes, vielleicht sogar warmes Wasser sind in Tansania überhaupt keine Selbstverständlichkeit. Anfangs sind wir von dem aus unserer Perspektive einfachen Lebensstil sehr herausgefordert, doch mit den Tagen gewöhnen wir uns auch an die Gegebenheiten und können uns anpassen. Die überschäumende Herzlichkeit der vielen Familienmitglieder, die sich alle so unglaublich viel Mühe geben, damit wir uns wohlfühlen, überrascht uns immer wieder aufs Neue. Ein Gefühl wächst täglich immer mehr heran: Dankbarkeit.

Sabeth Sandkühler-Jensen

Fotos: André Feller